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1. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 9

1901 - Glogau : Flemming
— 9 — empor. Kein zweites Land in Europa, wird behauptet, hat so schöne Baien und Häfen wie die „Smaragdinsel". Man zählt 14 Häfen für die größten Schiffe, 17 für Fregatten und gegen 40 für Kauffahrtei- schiffe. Cork mit Queenstown sind noch heute die Station für die transatlantischen Postdampfer. — Wo England demnach durch seine natürliche Beschaffenheit schon ohnedies so ausgezeichnet und ge- eignet für den Seeverkehr war, versäumte man andrerseits auch nicht, durch allerlei künstliche Mittel die maritime Zugänglichkeit des Landes zu erhöhen. Während man die Gesamtlänge aller schiffbaren Flüsse in England und Wales auf ca. 3175 km. angeben will, beträgt die Länge der Kanäle über 3500 km.*- Dies Kanalfyftem strahlt in drei Vereinigungspunkte aus, Birmingham, Manchester und London; aus je 3 lh!M. Fläche kommt 1 Meile Fluß- oder Kanalstraße. In Schottland unterstützen die charakteristischen Einschnürungen die Anlage von Kanälen. Berühmt sind der Clydekanal, der nur 91 km geführt zu werden brauchte, um die Nordfee mit dem Oceau zu ver- binden, und der kaledonische Kanal zwischen Firth of Lorn und Moraybusen. Dort fahren vorüber am Ben Newis, dem höchsten Berge in Schottland, Fregatten quer durch das Land. — Ein zweites Mittel, die Schiffahrt zu unterstützen, bietet sich in der Anlage von Leuchttürmen, und England besitzt deren 330, darunter der berühmte von Bell Rock vor der Mündung des Tay, ^ und der von Eddystone. Letzterer liegt vor der Reede von Plymouth, auf der die größte Flotte der Welt sicher ankern könnte, und dünkt den westwärts in den Ocean eilenden großen Dampfern wie ein letztes Wahrzeichen Europas, das den in die Wasserwüste hinaussteuernden Schiffen gleichsam den Scheidegruß der Heimat nachsendet. Wenn die Leuchtfeuer aus- gelöscht werden und der kundige Lotse fehlt, fo kann England auf feine Unzugänglichkeit pochen, und die Wachsamkeit seiner kreuzenden Flotte sichert dem Lande die Unmöglichkeit einer feindlichen Invasion. Das hat sich von den Zeiten der Armada, die Großbritannien nord- wärts umsegeln wollte und an der Felseninsel Fair zerschellte, bis zu den Kriegen Napoleons I. bewahrheitet. Ein beispielloses Glück hatte dagegen Wilhelm Iii. Er täuschte die englische Flotte, die annahm, er würde in Jorkshire landen, fuhr in den Kanal und konnte in der Bai von Tor Anker werfen, von wo ihn weiter das Glück nach London und auf den Königsthron geleitete. So erwuchs in dem Briten das stolze Selbstgefühls die Einsicht in den Zustand der eigenen Sicherheit und zugleich die Überzeugung, daß Britannien die anerkannte Meerbeherrscherin sei, wie sich das in dem Nationalliede ausspricht rule Britannia the waves (Herrsche, 1 Der Bau derselben erst um die Mitte des 18. Jahrhunderts begonnen. 2 Der wasserreichste Strom Großbritanniens.

2. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 16

1901 - Glogau : Flemming
— Ig — Was hat denn die nordamerikanischen Kolouieen Englands zur Losreißung vom Mutterlande getrieben? Die Hartherzigkeit der Eng- (ander, die die Kolonie im steten Zustande der Unmündigkeit erhalten wollten und ihr einen Anteil an der Steuergesetzgebung und am Parlamente verweigerten. Und heutzutage erleben wir in den Zu- ständen Irlands noch schreiendere Mißstände. Schon seit alter Zeit befindet sich Grund und Boden in Irland in englischen Händen. Während aber die englischen Grundherren das System des absenteeism befolgen, also sich aus ihren Gütern weiter nicht blicken lassen, haben sie ihren Besitz in Pachtungen ansgethan und ost sogar ihre Äckereien an die conacre-men nur sür eine Ernte vergeben. Diese landwirt- schastliche Gepslogenheit sührt zum Elend und zur Verarmung des ganzen Jrenlandes. Paddy — so nennt man den irischen Bauer wegen des häufig vorkommenden Vornamens Patrik — mit seinen wunderbar zersetzten Kleidern, den schwarzen Hut, cauleen, der so- zusagen die Nationaltracht bildet, aus dem Kopse, schart sich in seinen elenden mudcabins ^Lehmhütten) um das Torsseuer und führt das denkbar genügsamste und armseligste Dasein. Natürlich ist aber in den letzten Zeiträumen das Bewußtsein, zu einer ganz unwürdigen Existenz verdammt zu sein, mehr und mehr in den Kopsen der cel- tischen Ureinwohner der Insel ausgedämmert, und zweierlei Folgen haben sich aus dieser politisch-socialen Lage eigenster Art ergeben. Die Iren sind entweder ausgewandert und bilden jetzt in den Ver- einigten Staaten Amerikas einen starken Bruchteil der Bevölkerung, während die Einwohnerzahl Irlands bei jeder Volkszählung einen erheblichen Rückgang ausweist, — oder die uuzusriedeuen Bewohner der Smaragdinsel stiften geheime Verschwörungen an und nehmen ihre Zuslucht zu scheußlichen Verbrechen. So hat sich der unheim- liche Bund der Ferner gebildet, die sich nach einem gälischen Helden also nennen, und Tipperary, als the golden vale wegen seiner Frucht- barkeit und Anmut gepriesen, hat vielleicht gerade darum den Fluch aus sich nehmen müssen, als „klassischer Boden der agrarischen Mord- thaten" bezeichnet zu werden. Wir kommen zu dem dritten Ruhme Englands, ein besonders ausgebildetes Land der Industrie und vorgeschrittensten Technik zu sein. Und wirklich berichten ja die Zeitungen fast jährlich von staunenswerten Betätigungen des erfinderischen Menschengeistes in Bezug auf Riesenbauten und geschickte Benutzung der maschinellen Kräfte; da werden in turmhohen Eisenbahnbrücken Meeresarme über- spannt, wie beim Tay^ und in der Britanniabrücke; 2 in Glasgow, „der Geburtsstätte der Dampsmaschinen," zeigt man als höchstes Bau- 1 die Hängebrücke von Cliston (Bristol) über den Avon, über 80 m hoch. 2 zwischen Wales und Anglesea über die Menai Stroits, 32 in über dein höchsten Wasserstande.

3. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 34

1901 - Glogau : Flemming
— 34 — frankreich hat sich eine andere Scene des Kampfes gegen die Unter- drücker und Bedränger abgespielt, das ist die Stelle, wo Kaiser Napoleon Iii. dem mutigen Vercingetorix, dem Gegner Eäsars, die Kolossalstatue setzen ließ mit den Worten: „Das geeinigte, eine einzige Nation bildende, von demselben Geiste beseelte Gallien kann die ganze Welt Heraussordern. Vercingetorix an die versammelten Gallier". In der Mitte liegt das vulkanische Centralplateau. Hier sinden sich die berühmten Thermen von Vichy, hier die wunderbaren basaltischen Gebilde, wie der Riesendamm von Vals, der an den irländischen Giantscauseway erinnert, hier ist endlich das merkwürdige Land der Auvergne, das man Wohl als die „Akropolis von Frank- reich" bezeichnet und das sich in dem scheußlichen und armen Limousin, wo der Schnee 8 Monate liegen soll, zur westlichen Ebene hinab- zieht. Schon das alte Gebirge des Landes hat Höhen von über 1700 m, und aus dieses sind nun die Vulkanberge ausgesetzt, so daß der Puy de Sancy, ein Gipfel des Mont Dore, mit 1886 111 als höchster Punkt des inneren Frankreichs zwischen Alpen und Pyrenäen erscheint. In der Nähe ist der Puy de Dome, ebenfalls ein er- loschener Vulkanberg, an dem Pascal 1648 zum ersten Male das Baro- meter zur Höhenmessung in Anwendung brachte. Pascal ist übrigens einer der wenigen berühmteren Anvergnaten, und er ist in der sran- zösischen Litteratur mehr durch die Schärfe seines Geistes, als durch den Schwung der Phantasie und das Feuer der Begeisterung aus- gezeichnet, und das ist für sein Heimatland recht charakteristisch; die Gegend macht einen ungemütlichen Eindruck. Selbst die Städte, wie Clermont, haben etwas Düsteres, da die Häuser hoch und schwarz aus Lava aufgebaut sind. Auf den Bergkuppen hingen die Schlösser des Adels, und die ganze Auvergne steckte voll von Raubrittern, denen erst Ludwig Xiv. 1665 das Handwerk legte. Die Bauern sind häßliche Menschen und ziehen vielfach in die Ebenen hinab, um bei der Ernte behülflich zu sein, oder in die großen Städte als Kessel- macher. Merkwürdig ist, daß in dem Lande sich noch mannigfach das lateinische Sprachidiom erhalten hat, wie denn der Bauer seinen Pslugstier mit sta dos anredet. Das Land ist abgeholzt, sast nur mit dichtem Heidekraut bedeckt und eignet sich also nur zur Viehzucht, die die Bewohner nicht zu ernähren vermag. — Man hat mit Recht darauf hingewiesen, daß die ganze Bergfestung, wie man die Auvergne schlechthin nennen kann, von Westen her schwerer zugänglich erscheint, und daß demnach weder die Engländer noch die Goten und die Grafen von Toulouse ihre Herrschast über diese „Akropolis" ausgebreitet haben. Vielmehr öffnet sich die ganze Berglandschaft nach Norden, durch die Thäler des Allier und der Loire hin, und so zeigt sich auch hier die überraschend glückliche Thatsache, daß alle die französischen Landschaften sich um eine zur Eentralstelle gleichsam prädestinierte

4. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 109

1901 - Glogau : Flemming
— 109 — schast mag ja auch die Unterwürfigkeit begünstigt haben. Aber etwas anderes ist charakteristisch. Sie schließen sich gern zusammen und übertragen einem aus ihrer Mitte die Fuhrung. Es pocht nicht jeder aus seine Individualität, und man sieht ein, ein Volk, aus solchem Holz geschnitzt, ist zu einer führenden Stellung, zu einer politischen Rolle berufen und vorausbestimmt. Zudem hat es Nuß- land nie an energischen Herrschern gefehlt. Schon das muß als ein günstiges Omen gleich am Anfang der russischen Geschichte betrachtet werden, daß Wladimir, „der Zar Peter des 10. Jahrhunderts," eine Enkelin an König Heinrich I. von Frankreich vermählen konnte, so daß alle französischen Könige das Blut seines Geschlechts in ihren Adern tragen. Die Tüchtigkeit der Regenten verband sich dem Cha- rakter des halbasiatischen Volkstums gemäß oft nüt einer grausamen Wildheit; deshalb legte man dem Zar Iwan den Namen des Schreck- lichen bei. Es geht die Sage, daß er den Baumeister der oben er- wähnten „Ananaskirche" gefragt hätte, ob er sich getraue, ein zweites Bauwerk derart vollenden zu können. Und auf die bejahende Ant- wort hin ließ er ihn schnell enthaupten, damit nur er ein so Herr- liches Gotteshaus besitze. Dann solgt um 1700 Peter der Große, dem man eine wilde Energie gewiß nicht absprechen wird. Im 18. Jahrhundert regierten vier Frauen, Katharina I., Anna, Elisa- beth und Katharina Ii. oder die Große, der Rußland so ungemein viel zu verdanken hat, was uns Deutsche um so mehr freut, als sie in Stettin geboren war und völlig als unsere Landsmännin angesehen werden kann. Im 19. Jahrhundert war Nikolaus I. ein mächtiger Fürst, der schon in seiner äußeren Erscheinung das Majestätische und Jmperatorische spüren ließ. Als das Cholera- schrecken 1831 in Petersburg alle Gemüter lähmte und ein wilder Aufruhr die Stadt durchtobte, erscheint er ohne Begleitung unter der wütenden Menge. Man raunt sich zu: Gossu dar (der Herr ist da). Dann steigt er auf die Stufen einer Kirche und donnert den Nuffen zu: na kalenn (aus die Kniee). Widerstandslos haben zehn- tausend Menschen dem Befehl gehorcht. Bei einem so gearteten Volke und bei solchen immer von neuem wiederkehrenden energischen Herrschern will das westlichere Europa aus der Angst nicht herauskommen, als ob uns alle das Slaventum der- einst verschlingen werde. Erst neuerdings hat Nietzsche dieser Be- sürchtung Ausdruck gegeben. Fast unheimlich ist ja das Anwachsen der Bevölkerung. Wir haben heute dreimal soviel Russen als vor hundert Jahren, und die Volksmasse allein des europäischen Ruß- lands mit 106 Millionen erscheint unzählig und beängstigend. Aber hinter, solcher Angst birgt sich doch nur das Gefühl der eigenen schwäche; ein gesundes Westeuropa kann auch gegenüber solchen Zahlen die Furcht bezwingen; denn es sprechen verschiedene Gründe

5. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 55

1901 - Glogau : Flemming
— 00 — australischen Eukalypten, die ihre Wurzeln tief in das^ Erdreich ein- senken, die Striche von ihrem Überfluß an Sumpfwasser allmählich zu befreien. — Das arme italienische Volk bekundet seit je große Neigung auszuwandern, und namentlich für die benachbarten Länder haben sie, fozufagen, die Rolle der auswanderungslustigen Chinesen übernommen. Bewundert wird dann ihre erstaunliche Anspruchs- losigkeit und Lebhaftigkeit, wenn sie sich ihre polenta nach den Ge- setzen der Kreisteilung vergnügt einteilen und ihrer drei bei einer Flasche Wein mehr Spektakel machen als dreißig Deutsche, die Gam- brinus einen Eimer opfern. Die Auswanderung beträgt, in manchen Strichen über 3% der Bevölkerung. — Das schwerste Übel, an dem endlich der Staat krankt, ist die mangelhafte Schulbildung des Volks, namentlich wenn man tiefer in die Halbinsel nach Süden vordringt, wo die ehemalige Mißwirtschaft der Bourbonen noch immer in ihren beklagenswerten Folgen sich spüren läßt. Ehre und Anerkennung sei der jetzigen Regierung, daß sie auch hier Wandel zu schaffen be- strebt ist! Italienische Sprache und Bildung stehen sonst hoch in Achtung, das ganze östliche Mittelmeer hat noch heute das Italienisch zur Verkehrssprache, und nun sollten die eigenen Landeskinder die wissenschaftliche Pflege ihrer Muttersprache vernachlässigen? Recht prunkhaft nimmt es sich aus, daß Italien 19 Universitäten zählt, aber auch da wird des Guten fast „zu viel geboten, und an inten- filiere Geistespflege ist bei dieser Überzahl nicht mehr zu denken. Die Regierung ist daher daraus aus, die kleineren Hochschulen all- mählich eingehen zu lassen und dadurch Mittel in die Hand zu be- kommen, um an den größeren Universitäten wirklich Vorzügliches zu leisten. _ Dieselben Vorzüge des Klimas und einer entzückenden Vegetation wie in Süditalien treffen wir auch in Süd- und Ostspanien und bei dem Ostrande der südlichen Balkanhalbinsel. Valencia heißt z. B. „das spanische Paradies", und von den Huertas und Vegas haben wir schon im ersten Teile gesprochen. ^ Dasür macht das Innere der pyrenäischen Halbinsel stellenweise einen fast trostlosen Eindruck. Aber das Starre, Unbewegliche der Natur paßt zum Volkscharakter des Spaniers, der seine ganze Empfindungsglut nach einer Richtung hin ausströmen läßt, dann aber wieder in völliger Abgeschlossenheit und Unzugänglichkeit sich stolz gegen alle fremden Einwirkungen verschließt. Diese Mischung einer glühenden Leidenschaftlichkeit und sanatischen Anhängerschaft an das Althergebrachte erzeugte in dem spanischen Volke das Blütezeitalter unter Philipp Ii., wo der Spanier mit Todesverachtung überall für den althergebrachten katholischen Glauben 1 Erdkundliche Aufsätze, S. 60.

6. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 56

1901 - Glogau : Flemming
kämpfte. Man kann sagen, ein solches Zeitalter fand in Philipp Ii. (1556—1598) den entsprechenden König und Gebieter, der mit un- beugsamer Beharrlichkeit das eine politische Ziel verfolgte, den alten Glauben gegen alle Anfechtungen der Glaubensneuerung zu ver- teidigen und ihm zum Triumphe zu verhelfen. Er schuf sich in dem Escorial in dem Guadarramagebirge seinen charakteristischen Palast und Wohnsitz. Dieses Klosterschloß wurde zu Ehren des heiligen Laurentius erbaut, und da der Heilige auf einem Roste gemartert wurde, so gab man dem riesigen Gebäude die Gestalt eines Rostes. Das Gebäude enthält 20 Hose, 96 Kreuzgänge, 890 Thüren, 1000 Säulen, 5000 Fenster und hat 5 Billionen Dukaten gekostet. Und von diesem Schlosse aus regierte Philipp sein unermeßliches Reich nach starren, argwöhnischen Grundsätzen, ganz wie ihn Schüler- in seinem Ton Carlos uns geschildert hat. Damals war wirklich die beherrschte Monarchie noch unermeßlich. Denn außer den nieder- ländischen und italischen Besitzungen waren die reichsten Lande Ame- rikas, Mexiko, Peru nebst Quito, Ehile u. s. w., ihm unterthan. Man hat nachgerechnet, daß Spanien allein aus Peru in 248 Jahren 9 Milliarden Piaster erpreßt hat. Und heutzutage ist Spanien von diesem kolossalen auswärtigen Besitz nichts mehr geblieben. Die fleißigen Niederlande, das paradiesische Neapel sind von Spanien losgetrennt, zu Ansang des 19. Jahrhunderts begannen die amerika- nischen Kolonieen ihren erfolgreichen Unabhängigkeitskampf, und noch ehe das Jahrhundert seine ehernen Pforten schloß, verloren die Spanier im Kampse mit den Amerikanern auch noch ihre letzten Kolonieen, Kuba und die Philippinen. Gegenwärtig sind 2 un- bedeutende Küstenstriche an der Westküste Afrikas, sowie Ceuta und die afrikanischen Inseln: die Kanarien, Fernando Po und Annabon die letzten armseligen Reste eines einst weltberühmten Kolonialreiches. Die Erwerbungen in der neuen Welt sind auf das Heldenzeitalter um den Beginn der Neuzeit zurückzuführen, wo die spanischen und portugiesischen Entdecker den Königen ihrer Heimatländer die un- ermeßlichen Ländereien in Amerika und Asien erwarben. Damals erbat sich der König von Frankreich von dem König von Portugal eine Abschrift des Testamentes Adams, wonach die Könige von Por- tugal und Spanien zu Erben der Welt eingesetzt wären. Sehr charakteristisch war es, daß die Romanen allein der Golddurst von Erwerbung zu Erwerbung leitete, sie suchten das „Eldorado" (Gold- land), und auf dem erbeuteten Golde ruhte der Fluch, es machte seine Besitzer nicht froh, wie das in dem tiefsinnigen Märchen vom Nibelungenschatze in deutscher Herzinnigkeit uns erzählt wird. Das Gold nahm durch Spanien nur seinen Durchgang; andere Länder wurden reich, Spanien verarmte, und Philipp starb als „Bettler". Acan hat daraus hingewiesen, daß Philipp, der 1580 auch noch Por-

7. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 14

1901 - Glogau : Flemming
— 14 — in gewissem Sinne Englands und Irlands Wohlthäter genannt werden kann, bringt leider viel Regen und Redet mit sich. Am übelsten in dieser Hinsicht ist Irland daran, das ja allerdings dem durch diese häusigen Niederschläge geförderten Graswuchs den Namen des Emerald-Island i Smaragdinsel) verdankt. Während im mittleren Deutschland nur etwa 155 Regentage gezählt werden, steigert sich deren Zahl in: westlichen England aus 200 und an der Westküste Irlands auf 250. Als daher der an der Küste Irlands Hinsahrende Passagier verzweifelt den Kapitän fragte: Regnet es denn hier in Irland immer? antwortete dieser gleichmütig: Nun, manchmal schneit es auch. Valentia hat einen Januar wie Florenz, dafür aber einen Juli wie Archangel. Berüchtigt ist in England das Vorherrschen kalter Winde im Frühjahre, und die häusigen und heftigen Stürme werden als eine besondere Schattenseite des britischen Klimas hervor- gehoben. Ich spreche aber hier nicht allein von dieser physikalischen Beeinträchtigung des agrarischen Kulturzustandes, viel einschneidender sind gewisse sociale Mißstände. England und Schottland, von Jr- land vorläufig ganz zu geschweigen, geht es eigentlich wie Italien zur Zeit der Gracchen. Auch hier könnte der römische Volkstribun den bedauerlichen Rückgang des Bauernstandes mit bitterem Schmerze wahrnehmen. Statt des normalen Zustaudes kleinerer und behag- licher Bauernwirtschasten sind hier, ganz wie in dem alten Italien, die Latifundien an ihre Stelle getreten, so daß etwa 2000 Latifundien- Herren die Hälfte des englischen Bodens ihr eigen nennen und in Schottland 600 Herren 4/5 des Landes besitzen. In Sutherland Eounty gebietet ein Magnat sogar über 86^ ^M. Die Pächter, denen nur kürzere Zeiträume zur Pachtung zugestanden werden, haben darum kein sonderliches Interesse, die Bodenwirtschaft rationell zu heben, und die „fportliebeuden Magnaten lassen absichtlich weite Flächen ihrer Besitzungen wüst liegen, um daraus gelegentlich große Jagden abzuhalten". Die Parallele mit dem alten Rom kann aber noch weiter geführt werden. Die Folge ist, daß von der Einwohner- zahl immer ein Drittel in seinem Brotbedars abhängig vom Auslande ist. Das sind wirtschaftlich sehr ungünstige Verhältnisse. Ein zweiter Vorzug, aus den die Briten seit je stolz gewesen sind, beruht aus der Annahme, daß sie politisch ein freiheitliches Volk sind. Mit Emphase wird in dem berühmten Nationalliede in jedem Refrain gesungen: Britons never shall be slaves ibriten werden nimmer Sklaven sein), d. h. also nach außen und nach innen hin dulden die Briten keine Gewalt und Tyrannei. Was die Knechtung von außen her betrifft, so haben wir schon oben entwickelt, daß dem wunderbaren Jnselreiche ja nur mit einer Flotte beizukommen ist und daß selbst ein Napoleon I. sich nur beglückwünschen konnte, als er 1805 seine zur Landung in England in Boulogne zusammen-

8. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 47

1901 - Glogau : Flemming
— 47 — sind alle die berühmten Florentiner in Statuen verewigt, und es ge- nügt, hier an Namen wie Giotto, Lionardo da Vinci, Michel Angelo, Dante, Petrarca, Boccaccio, Macchiavelli, Amerigo Bespucci, Galilei, Benvenuto Cellini k. zu erinnern. Den rechten Zusammenhalt und Hintergrund gab allen diesen Künstlern und Gelehrten doch die herrschende Dynastie der Mediceer, jenes berühmten Geschlechtes, das 8 Herzöge von Toscana, 2 Königinnen von Frankreich und 4 Päpste hervorgebracht hat. Was sonst die geschichtlichen Ereignisse in Florenz betrifft, so haben sich ja die meisten ^>cenen im Angesicht des Palazzo Vecchio abgespielt. Hier auf dem Platze vor dem Herrscherschlosse loderten die Flammen des Scheiterhaufens, der den kühnen Savonarola verbrennen sollte; und später wurden bei der Wiederkehr des Todes- tages Veilchen aus das Pflaster gestreut zur Sühne für den entsetz- lichen Frevel und das vergossene Blut eines Gerechten. Den Arno abwärts liegt Pisa, einst eine bedeutende Handels- stadt, heute tot (Pisa morte) und nur wegen seines schiefen Turmes aufgesucht. Es birgt die Leiche des deutschen Kaisers Heinrichs Vii. Seinen Handelsverkehr hat Pisa an Livorno abtreten müssen, das in fröhlichstem Aufschwung begriffen ist. Im Norden von Pisa liegen Lucca, schon aus dem Altertum bekannt, und die Marmorbrüche von Carrara. Südlich vom Arno treffen wir die reizende Florentiner Campagna und weiter nach Rom zu Siena mit seinem schönen Dome. Die ganze Gegend war die Heimat des altberühmten Volkes der Etrusker, die sich durch ihre kunstvolle Keramik, aber auch durch ffnfteren Aberglauben auszeichneten. Chiufi erinnert an Clusium mit seinem Lar Porsena, und weiter südlich am Meeresstrande bei Corneto ist eine großartige Nekropole aus uralten Zeiten mit über 2 Millionen Grabern. Abgesehen von der mittleren Bahnlinie führt ein zweiter Eifenbahnftrang vom Arno abwärts an dem Gestade des tyrrhenischen Meeres, und der Reisende kann während der Fahrt den Blick auf die mittelitalienische Inselwelt richten, von der nur Korsika französisch ist. Dicht am Uferrande liegt die Insel Elba, das einst dem^ gestürzten Napoleon I. als Fürstentum überwiesen war. Hier hauste er mit seiner Leibwache von einigen hundert Grenadieren, bis ihn der Ehrgeiz von neuem packte und er mit wenigen Getreuen in Cannes in Frankreich landete, um sein Kaisertum zurückzuerobern. Aber der Tag von Belle Alliance machte allen Zukunftsträumen ein Ende, und in S. Helena mochte der Korse seinen Schritt bereuen, in kopflosem Leichtsinn von dem sichern Elba aufgebrochen zu sein. Endlich sieht der südwärts fahrende Reffende die Kuppel des Petersdomes auftauchen; Schauer der Ehrfurcht durchrieseln ihn: er naht der ewigen Roma. Holde Sonne, bu weilst und du beschauest dein Rom! Größeres sähest du nichts und wirst nichts Größeres schauen.

9. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 108

1901 - Glogau : Flemming
— 108 — Oettern von vornherein uns wie ein alter Bekannter entgegentritt, während das cyrillische Alphabet der russischen erst noch ein eigenes Studium der Schristzeichen erfordert. So war eigentlich alles vor- bereitet, daß die polnische Nationalität die Führung in dem östlichen Europa übernehmen, daß der „orthodoxe" polnische König — denn diesen Titel hatte er vom Papste erhalten — von seinem Zamec krolewski (königlichen Schlosse) aus dem ganzen Slaventum ge- bieten würde. Und doch ist es anders gekommen. Die Polen bei aller ihrer Feurigkeit und ihren edlen Eigenschaften besitzen durchaus kein politisches Geschick und keine staatenbildende Krast. Ihre Streit- sucht und ihr Eigensinn in politischer Beziehung sind berüchtigt, und mit Recht sagt das' Sprichwort: wo 3 Polen zusammen sind, hat man 5 Meinungen. Das Elend aus den Reichstagen, wo das nie pozavolam irgend eines Slachzitzen die wohlmeinendsten Beschlüsse verhindern konnte, ist bekannt genug in der Geschichte; soll doch von den 30 Reichstagen, die unter den beiden Königen aus dem Hause Sachsen abgehalten wurden, nur einer nicht durch das liberum veto der Edelleute gesprengt sein. Zudem besaß die Nation gar keinen Bürgerstand, und alle geschäftliche Thätigkeit war in den Händen der Juden, die ^/g der Bevölkerung ausmachten; — kurzum das Ge- schick Polens erfüllte sich, und die 3 Teilungen machten der Selb- ständigkeit des einst so blühenden und mächtigen Reiches ein Ende, das finis Poloniae war wirklich eingetreten. Der größte Teil des polnischen Königreiches kam unter russische Herrschaft, und wenn schon die andern teilenden Mächte, so auch Preußen, genug Verdrießlichkeiten mit diesen polnischen Erlverbungen haben, so ist Rußland vorzugsweise bedacht mit schwerster Beunruhi- gung, die dem Staate aus diesem polnischen Besitz erwächst. Polen hat um seiner sortgesetzten Revolutionen willen nach und nach alle seine Sonderrechte und Bevorzugungen eingebüßt, und seit dem Jahre 1863 wird die unglückliche Landschaft mit aller Härte gewalt- sam russifiziert. Polen erweist sich darum für Rußland recht als „eiu Pfahl im Fleische". Und doch ist es ein reiches, fruchtbares Land. Es erzeugt schönes Getreide, Lodz nennt man das „polnische Alan- ehester", und Warschau mit seinen 640000 Einwohnern ist die dritte Stadt des russischen Reiches. Die Abneigung der Polen gegen die Russen mag auch noch dadurch befördert werden, daß die religiösen Bekenntnisse verschieden sind; die Russen sind griechisch-katholisch, die Polen römisch-katholisch. Wir müssen nachholen, was denn die Russen besonders besähigt hat, die Führerrolle zu übernehmen. Ganz im Unterschiede von den Polen hat der Russe Gefühl für Disciplin und Unterordnung. Pufen- dorf wollte allerdings die Anwendung der Knute damit verteidigen, daß die Russen „knechtischen Gemüts" sind, und die lange Leibeigen-

10. Band 1 - S. 90

1900 - Glogau : Flemming
einen großen Triumph der Wissenschaft hingewiesen. Halley ersah ans seinen Berechnungen, daß der Komet, den er 1682 erblickte, identisch sei mit dem von 1607 und 1531, wahrscheinlich auch dem von 1456. Er erkannte die elliptische Bahn dieses schönen Gestirns, das sich bis 5000 Millionen Km von der Sonne entfernt, also noch über die Neptunsbahn hinansgeht und sich dann wieder in 75 Jahren bis aus 100 Millionen der Sonne nähert, also noch innerhalb der Venusbahn erscheint. Das Packende an diesen Berech- nungen war, daß Halley für das Jahr 1758 die Wiederkehr voraus- sagen konnte. Und wo früher Türken und Christen ihre Vernichtung aus dem schreckhaften Ereignis folgerten und Papst Calixtus Ii. Gebete anordnete, bemächtigte sich im 18. Jahrhundert eine fieber- hafte Unruhe der wissenschaftlichen Kreise, um den vorausgesagten Kometen wirklich auszufinden und den glänzenden Triumph zuver- lässigster Berechnung anznstaunen. Und der Komet erschien und bereitete so dem bereits im Grabe ruhenden Halley eine seltene Genug- thuung. Er ist später 1835 in noch genauerer Weise vorausgesagt und beobachtet worden und wird wieder 1910 erscheinen. An Stelle der angsterfüllten Prophezeiungen, mit denen man früher dies Lichtphänomen am Himmelszelt beobachtete, trat in neuester Zeit eine mehr wissenschaftliche Befürchtung, daß bei einem Zusammenstoß mit einem Kometen die Erde ihren Untergang finden könne. Der Durchgang durch Kometenteile des Schweifes würde uns allerdings nur Sternschnuppenschauer eintragen, gefährlicher aber wäre es, wenn wir mit dem Kerne selbst zusammenstießen. Man hat über diese Möglichkeit Wahrscheinlichkeitsberechnungen angestellt und herausgefunden, daß in 220 Millionen Jahren einmal ein Komet mit der Erde zusammentrefsen könne.1 Danach bleibt es also einem jeden unbenommen, sich zu ängstigen oder unbefangen zu bleiben. 1 1 Valentiner Kometen und Meteore in „Wissen der Gegenwart" S. 226.
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